Gemeinsamer Änderungsantrag der Linksfraktion und der FDP-Fraktion zum Antrag der UBT-Fraktion: "Schulsozialarbeit in Trierer Grundschulen"

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Leibe,

 

 

die Linksfraktion beantragt folgende Änderungen zu Tagesordnungspunkt 3.9 der Stadtratssitzung am 30.06.2020 – Antrag der UBT-Fraktion „zur Sozialarbeit für alle Trierer Grundschulen“:

 

Der Titel des Antrages wird verändert in „Sozialarbeit für alle Trierer Schulen“

 

Punkt 1 – Ersetzung:

In der neuen Gesamtbedarfsfeststellung für Schulsozialarbeit für den neuen Kinder- und Jugendförderplan 2021-2023 sind die Bedarfe aller Schulen – auch aller weiterführenden Schulen im Sek I- und Sek II-Bereich -  in Trier aktiv zu ermitteln.

Punkt 2 - Ergänzung..

Bis zum 4. Quartal

 2020 ermittelt die Verwaltungin einem ersten Schritt auf der Grundlage des Gesamtbedarfes aller Schulen, den Bedarf an Stellen, die nötig wären, um jede Trierer Grundschule im erforderlichen Umfang mit Schulsozialarbeit zu versorgen. Die erforderlichen Stellen sollen nach und nach in die kommenden Haushalte eingeplant und werden. Näheres erarbeitet und berät der zuständige Fachausschuss mit einer Empfehlung zur Beschlussfassung im Steuerungsausschuss, um im Rat im Rahmen der nächsten Haushaltsberatungen abgestimmt zu werden und die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

Punkt 3 - Ersetzung:

Auf der Grundlage der Bedarfsfeststellung aller weiterführenden Schulen wird ein Umsetzungskonzept entwickelt, wie die Bedarfe der weiterführenden Schulen (Sek I/Sek II) sukzessive in den nachfolgenden Haushalten realisiert werden können.

 

 

Begründung:

Soziale Arbeit an Schulen ist ein eigenständiges, niedrigschwelliges und kontinuierliches Jugendhilfeangebot non-formaler Bildung am Lernort "Schule". Ihre Arbeit soll das System Schule unterstützen und trägt zur Lebensbewältigung und Lebensweltorientierung von Mädchen und Jungen bei. Wissenschaftliche Begleitungen von rheinland-pfälzischen Modellprojekten (z.B.  Kreis Bad-Kreuznach1) kamen zu dem Ergebnis, dass „(...) sowohl die Schulsozialarbeiter*innen als auch Schulleitungen und Lehrer*innen einen Anstieg des Bedarfs nach Beratung und Krisenintervention bei Kindern und Jugendlichen, aber auch bei Eltern und Lehrer*innen (...)“ festgestellt haben. „Zum anderen benennen sie eine steigende Komplexität von Problemlagen bei Kindern und Jugendlichen.“ Die Arbeit ist stark problemorientiert und am Einzelfall ausgerichtet. Für niedrigschwellige, präventiv ausgerichtete Angebote bleibt aufgrund der zu niedrigen Zeitkontingente und der hohen problemorientierten Beanspruchung kaum Zeit. Vor diesem Hintergrund kommt der Kooperation und dem vernetzten Arbeiten an Schnittstellen zur Jugendhilfe im Sinne einer Einzelfallorientierung problembelasteter Kinder- und Jugendlicher eine hohe Bedeutung zu. Die Jugendlichen betonen den für sie wichtigsten und sehr bedeutsamen Aspekt, ein/e kontinuierliche/n Ansprechpartner*in vor Ort an den Schulen zu haben, die/der nicht direkt in den Bereich Lernen/Leisten involviert ist.  Viele Indizien, die während des Modellprojektes gesammelt werden konnten, sprechen dafür, dass sich die Hilfe bei der Lebensbewältigung durch die Schulsozialarbeiter/-innen auch direkt oder indirekt auf die Lernmotivation und Lernbedingungen der Schüler/-innen auswirkt. Diese Unterstützung durch sozialpädagogische Fachkräfte wird damit auch relevant, wenn es z.B. darum geht, die Anzahl der Schulabbrecher zu minimieren. Die relativen Chancen des Gymnasialbesuchs in Abhängigkeit von der Herkunftsfamilie und die Chancen zu einem erfolgreichen Abschluss zu kommen, sind sehr unterschiedlich verteilt. Unter den Schulabgänger/innen ohne Schulabschluss – also jenen mit den denkbar schlechtesten Startbedingungen für den weiteren Bildungs- und Erwerbsverlauf – sind Jugendliche aus benachteiligten Herkunftsfamilien überproportional vertreten.

Schulsozialarbeit an Gymnasien trägt dazu bei, Jugendlichen in der Bewältigung der Anforderungen auf sozial-emotionaler Ebene Ansprechpartner*in und Begleitung in krisenhaften Situationen zu sein. Präventive sozialpädagogische Gruppenangebote, Projekte in den Bereichen Gewaltprävention, verantwortungsvoller Umgang mit Medien und sozialraumorientierte Arbeit könnten dazu beitragen, Schuldistanz/-verweigerung, Schulabrüche, Konflikte, sozial-emotionale Entwicklungsprobleme, (Cyber-)Mobbing und weiterer Problemfelder an allen weiterführenden Schulen zu vermindern.

Schüler*innen an Gymnasien werden im Vergleich zu den Schüler*innen anderer weiterführenden Schulen, indem ihnen das Angebot von Schulsozialarbeit vorenthalten wird, ungleich behandelt und damit benachteiligt.  Zum anderen benennen Lehrkräfte eine steigende Komplexität von Problemlagen bei Kindern und Jugendlichen. Viel mehr Elterngespräche seien notwendig, die Kontakte zum Jugendamt nähmen stetig zu. Die sozialpädagogische Perspektive, Kompetenz und Herangehensweise seien unterstützend, Ziel führend und die erweiterte Professionalisierung von Schulen mit Schulsozialarbeiter*innen  trage zur Umsetzung der Inklusion, Kinder und Jugendlichen in multiprofessionellen Teams an allen Schulen zu unterstützen, wesentlich bei.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine aktuelle Studie des Instituts für sozialpädagogische Forschung (ISM) Mainz. „Schulsozialarbeit hat eine „Scharnierfunktion“ zwischen Schule und ASD. Langfristig gesehen wirke sie sich auch kostentechnisch entlastend im Bereich der Hilfen zur Erziehung (HzE) aus.“

Die Ausstattung aller Schularten – auch der Gymnasien - mit Schulsozialarbeiter*innen muss deshalb kontinuierlich Zieldimension einer Gesamtbedarfsfeststellung und aller weiteren Planungen sein.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

                                                          

gez. Theresia Görgen               gez. Bernhard Hügle                      gez. Joachim Gilles

      Linksfraktion                       Bündnis 90/Die Grünen                       FDP-Fraktion