Antrag: Leerstand wirksam bekämpfen!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Leibe,

die Linksfraktion bittet Sie, den folgenden Antrag „Leerstand wirksam bekämpfen“ auf die Tagesordnung der nächsten Stadtratssitzung zu setzen.

Der Stadrat möge beschließen:

  1. In der Stadtverwaltung wird ein Verzeichnis aller leerstehenden Wohn- und Geschäftsräume eingeführt.
  2. Auf Grundlage dieses Verzeichnisses wird zweijährlich eine Statistik über die Anzahl und den Anteil leerstehender Wohn- und Geschäftseinheiten erarbeitet.
  3. Eine Meldepflicht für Wohn- und Geschäftsräume, die über einen längeren Zeitraum leer stehen, wird eingeführt.
  4. Auf leerstehende Wohn- und Geschäftsräume wird eine Abgabe erhoben.
  5. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, zur Umsetzung der Punkte 3 und 4 eine Satzung zum Schutz von Wohn- und Geschäftsraum zu erarbeiten.

Begründung:

Auch im bundesweiten Vergleich werden in Trier sehr hohe Mieten gezahlt, sowohl für Wohneinheiten als auch für Geschäftsräume. Bei 60-Quadratmeter-Wohnungen ist die Durchschnittsmiete in fünf Jahren um 22 % gestiegen. Schuld an steigenden Mieten ist auch der Leerstand von Wohn- und Geschäftsraum. Wie den Erhebungen des Zensus 2011 zu entnehmen ist, steht in Trier Wohnraum mit einer Fläche von etwa 150.000 Quadratmetern leer. Das sind 3,4 % aller Wohnungen in Trier. Ein ähnliches Bild – stark steigende Pachten und (außerhalb der Fußgängerzone) viele leerstehende Flächen – zeigt sich auch bei Geschäftsräumen.

Um den Wohnungsmarkt zu entspannen, ist die Stadt berufen, hier einzugreifen.
Daher schlagen wir ein Maßnahmenpaket gegen den Immobilienleerstand vor:
-          Verzeichnis leerstehender Immobilien
-          Regelmäßige Leerstandsstatistik
-          Meldepflicht für Immobilienleerstand
-          Erhebung einer Leerstandsabgabe

Das Verzeichnis über sämtliche leerstehende Wohn- und Geschäftsräume dient dazu, in der Stadtverwaltung einen Überblick darüber zu bekommen, ob es in einigen Stadtteilen oder bei einzelnen Eigentümer*innen zu Häufungen beim Leerstand kommt. Auch kann langfristig beispielsweise darüber nachgedacht werden, dieses Verzeichnis für Wohnungssuchende zur Einsicht zu veröffentlichen oder auf Grundlage dieses Verzeichnisses gezielt die Eigentümer*innen der leerstehenden Wohnräume z. B. für die Unterbringung Geflüchteter anzusprechen.

Durch die Erarbeitung regelmäßiger Statistiken kann verdeutlicht werden, wie groß das Ausmaß leerstehender Wohnungen oder Geschäftseinheiten in Trier tatsächlich ist. So lassen sich Fehlentwicklungen zeitnah erkennen und frühzeitig geeignete Gegenmaßnahmen einleiten.

Die Einführung einer Meldepflicht für leerstehende Wohn- und Geschäftseinheiten ist eine flankierende Maßnahme zusätzlich zu den übrigen vorgeschlagenen Schritten und dient dazu, den Druck auf die Eigentümer*innen zu erhöhen.

Wir schlagen außerdem die Einführung einer Leerstandabgabe vor. Eine solche Steuer würde finanzielle Anreize für die Eigentümer*innen schaffen, ihre ungenutzten Räume dem Markt zur Verfügung zu stellen. Überhöhte Mietpreisvorstellungen müssten nach unten angepasst werden und würden so das gesamte Preisniveau bei Neuvermietungen nach unten drücken.

Die Leerstandsabgabe könnte beispielsweise so konstruiert sein, dass ein bestimmter Betrag pro Quadratmeter Nutzungsfläche und pro Monat des Leerstands als Steuer zu entrichten ist. Alternativ ist denkbar, dass die Steuer in Form eines bestimmtes Prozentsatzes der ortsüblichen Vergleichsmiete berechnet wird.

Da in Trier, wie die Auswertungen der Zensus-Daten zeigen, vom Wohnungsleerstand insbesondere kleinere Wohnungen betroffen sind und in diesem Sektor der Wohnungsmarkt besonders angespannt ist, muss geprüft werden, ob zusätzlich zu dieser flächenabhängigen Steuer für jede leerstehende Immobilie auch ein Mindestbetrag oder ein fester Zuschlag unabhängig von der Fläche erhoben werden kann.

„Leerstand“ meint, dass die Immobilie nicht vermietet, unentgeltlich überlassen oder selbst genutzt wird. Lange Abwesenheitszeiten zum Beispiel aufgrund einer längeren Dienstreise oder eines Auslandssemesters dürfen selbstverständlich keine Steuerpflicht auslösen.

Um unvermeidbaren Leerstand nicht zu belasten, müssen bestimmte Sachverhalte von der Steuer befreit werden. Dafür kommen beispielsweise die Zeiträume eines Mieter*innenwechsel oder den Leerstand aufgrund einer Sanierung oder eines Umbaus der Mietsache.

Aus rechtlicher Sicht sehen wir keine Bedenken gegen die Einführung dieser Immobilienleerstandsabgabe. Eine Doppelbesteuerung im Zusammenspiel mit der Grundsteuer ist nicht gegeben, da die Steuern an unterschiedliche Tatbestände anknüpfen.

Die vorgeschlagene Leerstandsabgabe ist eine kommunale Aufwandsteuer (§ 5 Abs. 2 KAG RLP), die an die Verwendung des Einkommens für Anschaffung und den Unterhalt nicht genutzter Immobilien anknüpft.

Eine solche Abgabe ist eine Steuer i. S. v. § 3 Abs. 1 AO. Die Erzielung von Einnahmen ist hier ein Nebenzweck, vorrangiger Grund für die Einführung ist der Lenkungseffekt durch diese Steuer.

Nimmt man an, dass von den o. g. 150.000 Quadratmetern Wohnungsleerstand etwa 50.000 Quadratmeter von Steuerbefreiungen betroffen sind und die Abgabenhöhe auf 85 Cent pro Quadratmeter und Monat festgelegt wird, liegen die zu erwartenden Steuereinnahmen bei etwa einer Millionen Euro (vor Abzug der Verwaltungskosten). Diese Einnahmen sollten vorrangig in die Förderung des sozialen Wohnungsbaus investiert werden, um den Wohnungsmarkt so weiter zu entspannen.